Auch wenn es nach der Zeitumstellung für die allermeisten Deutschen am Montag früher hell wurde: Für Annegret Kramp-Karrenbauer startet die Woche düster. Nachdem die Bundesverteidigungsministerin in der vergangenen Woche eine unglückliche Figur gemacht hatte mit ihrer offenbar schlecht vorbereiteten Initiative zur Syrien-Politik, gerät sie nun zusätzlich als Bundesvorsitzende der CDU unter Druck. Das schlechte Abschneiden ihrer Partei bei der Landtagswahl in Thüringen wird auch ihr und ihrer Mannschaft im Konrad-Adenauer-Haus angelastet - und zwar ausgerechnet von ihrem ärgsten Widersacher, Friedrich Merz.
"Das Wahlergebnis von Thüringen kann die CDU nicht mehr ignorieren oder einfach aussitzen", erklärte Merz am Sonntagabend via Twitter. Der implizite Vorwurf: Die Parteiführung habe bislang genau das getan und dem Schrumpfen der Volkspartei CDU tatenlos zugesehen. Und weiter schrieb Merz: "Erstmals in der deutschen Nachkriegsgeschichte haben CDU, SPD, FDP und Grüne zusammen in einem Parlament keine Mehrheit mehr. Wenn es zwischen diesen Parteien keine wahrnehmbaren Unterschiede mehr gibt, weichen die Wähler aus - nach links und nach rechts."
Der Vorwurf der Profillosigkeit, der mangelnden Abgrenzung von SPD, FDP und Grünen, zielt auf jene, die für die Christdemokraten in Verantwortung stehen. Damit dürften auch Spekulationen darüber, dass Merz - der Kramp-Karrenbauer im Rennen um den Parteivorsitz knapp unterlegen war - eine Kanzlerkandidatur anstreben könnte, weiter an Fahrt aufnehmen.
Mohring: Bundespartei hat schwaches Ansehen
Hinzu kommt: Merz ist mit seiner Kritik nicht allein. Der unterlegene Spitzenkandidat der CDU in Thüringen, Mike Mohring, betont im Gespräch mit n-tv, wie ihm das schlechte Ansehen der Bundespartei den Wahlkampf erschwert habe. Nach Wahlkreisen sei die Thüringer CDU stärkste Partei geworden mit den absolut meisten Stimmen. "Und wir haben ein zehn Prozentpunkte schlechteres Ergebnis bei den Parteistimmen für die CDU Deutschland", sagte Mohring unter Verweis auf das Zweitstimmenergebnis. Das zeige, dass der CDU nicht mehr zugetraut werde, "die Probleme zu lösen". In Berlin dürfe es kein "Weiter so" geben. "Das verlangt eine neue Prüfung, wohin will man eigentlich als Volkspartei," forderte Mohring.
Er kritisierte zudem das schlechte Bild, das sich aus der öffentlichen Uneinigkeit zwischen Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer und Außenminister Heiko Maas in der Syrienfrage ergeben habe. "So ein Auftritt trägt nicht zur Vertrauensbildung bei und da müssen wir uns nicht wundern, dass das die Ränder stärkt", sagte Mohring.
"Wenn wir jetzt nicht über Konsequenzen nachdenken, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn wir irgendwann keine Volkspartei mehr sind", sagte auch Carsten Linnemann zu n-tv. Der CDU-Abgeordnete und Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union sieht den Fehler aber nicht allein bei Kramp-Karrenbauer. "Es ist ja nicht so, dass seit Frau Kramp-Karrernbauer Vorsitzende ist, es bergab geht." Die CDU habe sich lange Zeit in der Außendarstelleung allein auf Angela Merkel konzentriert und es dabei "verpennt, die Unterschiede zu den anderen Parteien herauszuarbeiten".
Haseloff fordert bundespolitische Analyse
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hat nach eigenem Bekunden eine schlaflose Nacht hinter sich und "die Sorge, dass bei der Bundes-CDU alles weitergeht wie bisher." Vor Gremiensitzungen seiner Partei in Berlin sagte er: "Nur wenn man die Sachen wirklich klar beim Namen benennt und bereit ist, auch Konsequenzen zu ziehen, kann es hier einen Aufwärtsschub geben."
So sei es nicht in Ordnung, dass das Thema Grundrente vor der Wahl nicht habe geklärt werden können. Er nannte auch die umstrittene Doppelverbeitragung der Renten oder die Sorgen der Landwirte. Und weiter: "Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die getan werden können, um Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Aber man muss es eben dann auch machen."
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff forderte in der ARD eine bundespolitische Analyse, warum die Parteien am Rand stärker seien als jene der Mitte. Später legte Haseloff bei "Anne Will" nach: Eine Landtagswahl werde auch vom Bundesgeschehen beeinflusst. "Streitereien zwischen Verteidigungsministerin und Außenminister" hätten das Bild geprägt und den Wahlkampf erschwert, sagte er in Anspielung auf den Streit um die Syrien-Politik.
Oettinger und Kuban verteidigen AKK
Der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, hinterfragte die Themenschwerpunkte seiner Partei. "Wir haben wohl in den letzten Monaten die falschen Themen gesetzt", sagte Kuban dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das Thema Klimapolitik, an dem die CDU in den vergangenen Monaten intensiv gearbeitet hatte, sei auf dem Lande "ganz offenkundig kein vordringliches Thema für die Leute", betonte der JU-Chef. "Und das Diesel-Bashing ist der falsche Schwerpunkt in der Mobilitätspolitik, wenn zwei Drittel der Menschen mit dem Auto pendeln."
Von einer Personaldebatte um Kramp-Karrenbauer riet Kuban jedoch ab. "Wir sollten uns lieber mit der Frage beschäftigen, welche Themen wir besetzen, als mit uns selbst", sagte Kuban. Auch EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger sieht keine explizite Schuld der Parteichefin: "Landtagswahlen sind immer eine Mischung aus Landes- und Bundesthemen", sagte er. Wenn man AfD wähle, "dann ist man eben gegen alles. Gegen das Establishment im Land, im Bund, aber auch gegen Europa." In diesem Zusammenhang gebe es "keine besondere Verantwortung der Bundesvorsitzenden", sagte Oettinger.
Quelle: n-tv.de
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